Ötztaler Radmarathon 2016

Bericht zum Ötztaler Radmarathon 2016

lag unter dem Motto: "Vorbereitung wird überbewertet und mein erster Ötzi"
Wie jedes Jahr (seit 1982) findet Ende August in Sölden der Ötztal-Radmarathon statt, hier trifft man sich mit Gleichgesinnten und "Radsportverrückten".
Durch Losentscheid erhält man einen Startplatz oder nach 3maliger erfolgloser Anmeldung, wird einem ein Startplatz zugeteilt, so auch dieses Jahr für Christine, das erste Mal.
Mike erhielt nach der Auslosung überraschender Weise auch einen Platz, vielleicht weil er im Jahr 2015 eine super Zeit mit 10:08 hatte, wer weiß.
Am 28.8. war es wieder soweit.
Bereits mittwochs fielen wir in Sölden ein, um sich an die Höhe (1300) zu gewöhnen und natürlich ein bisschen einzufahren, donnerstags wurde ins Venter Tal gerollt, freitags in und im Sölden, nur nicht mehr groß belasten, schließlich warteten sonntags 238km und 5500Hm auf unsere Beine.

Die Schlüsselstellen sind 4 Pässe (Kühtai, Brenner, Jaufen und Timmelsjoch).
Mittlerweile kennt man einige Radfahrer, einige fahren bereits den Ötzi zum 12 mal mit.
Bei der Startnummernausgabe kamen Zweifel auf, war es das richtige Event am Ende der Radsaison ?
Mike hatte eine Trainingsausfall von 9,5 Wochen und saß erst wieder nach 5 Wochen
auf dem Rad und für Christine war es der erste Ötzi, so mancher Teilnehmer sah ganz schön fit und durchtrainiert aus.
Nach einer schlaflosen Nacht von samstags auf sonntags wollte Christine erst nicht fahren, wie sollen die Kilo-und Höhenmeter im Zeitfenster geschafft werden ?
Sollen die ganzen Vorbereitungen im Laufe der letzten Wochen und Monate umsonst gewesen sein ? Nein, es sollte hier nicht enden.
Um 5:45 Uhr rollten wir an die Startaufstellung, in Sekunden füllte sich die Straße mit Radlern.

Der Längenfelder Schnöllerverein peitschte den jungen Tag herein, die Starter wurden aufgemuntert.

Die Temperaturen waren recht angenehm mit 12-14 Grad, also kurze Hose und Armlinge mit Windweste. Die Wetteraussichten waren gut, nachmittags könnte möglicherweise ein Gewitter aufziehen. Dicht gedrängt warteten wir auf den Start durch den Kanonenschuss der Ötztaler Schützen, der um 6:45 Uhr erfolgte, der Ort war wach.
Zügig setzten sich über 4000 Teilnehmer in Gang abwärts Richtung Ötz, nach über 30 km flotter Abfahrt erreichten wir den Ort und es ging in den ersten Pass hinauf Richtung Kühtai, mit einer Länge von 18,5 km, einer max. Steigung von 18 % und Gesamthöhenmetern von über 1200 Hm, der Tag oder vielmehr die "Arbeit" konnte nun beginnen.
Wie der Name sagt, ist am Kühtai mit Weidevieh zu rechnen, dass frei herumläuft, nur durch Weideroste getrennt, berghoch musste man sich zwischen den Kühen teilweise durchquetschen, der ein oder andere Fahrer kam fast zu Fall, die Kühe nahmen alles gelassen zur Kenntnis. Bergab ist das nicht lustig, da hier ein Tempo- je nach Körpergewicht- von über 100 km/h erreicht werden kann, wir erfuhren, dass ein Radler mit einem Pferd zusammengestoßen ist. Die erste Verpflegungsstelle befand sich oben am Kühtai, hier gab es bereits etliche Leckereien, unter anderem die Ötztaler Kraftkugeln, genial, schmecken fast wie nach Weihnachten, nur nicht zu viel davon essen, die Dinger stopfen sonst. Nach der Abfahrt ging's Richtung Innsbruck, da die Straßen abgesperrt waren, gab es keine Probleme mit dem morgendlichen Sonntagsverkehr.

Weiter ging es Richtung Brenner (zweiter Pass, diesmal in Italien) mit einer Länge von 37 km, einer max. Steigung von 12% und Höhenmetern von fast 800, also fast ein Rollerberg, wenn man mit einer Gruppe unterwegs ist.
Die Temperaturen stiegen mittlerweile stetig nach oben, auf der Passhöhe wurden die Radflaschen erneut aufgefüllt, auch hier gab es wieder etliche Köstlichkeiten (Kuchen, belegte Brote, Obst, Riegel...).
Trotz der hohen Temperaturen wurde eine warme Suppe geschlürft (wegen des Salzverlustes und auch wegen eines anderen Geschmackes), lange verweilten sollte man sich hier jedoch nicht, immerhin war hier Kontrollschluss um 12:40 Uhr, wer hier meinte, sich lange ausruhen zu müssen, für den war der Ötzi ab hier zu Ende und die Fahrt hätte im Besenwagen geendet, also weiter ging's abwärts über die gut ausgebaute Straße über Gossensass nach Sterzing.

Ab hier wartete dann der dritte Pass (Jaufen) -auch Passo Giovo genannt- auf uns mit einer Länge von 15,5 km, einer max. Steigung von 12% und Hm von fast 1200.
Auch hier sollte zügig gefahren werden, denn Kontrollschluss am Jaufen war um 14:25 Uhr, mittlerweile wurden aber die Beine schwerer und die Temperaturen immer höher, zu anfangs fuhren wir noch im Wald, dann jedoch erbarmungslos in der Hitze, die Sonne prallte auf die bereits geschundenen Körper.
Oben angekommen, sahen wir schon etliche Fahrer am Rande liegen, platt wie Briefmarken.
Der ein oder andere versuchte die mittlerweile regelmäßig wiederkehrenden Krämpfe in irgendeiner Art und Weise zu bearbeiten, für einige war hier bereits Schluss.

Die Abfahrt vom Jaufen nach St. Leonhard war teilweise recht holprig mit Längsrillen, d.h. rechtzeitig bremsen und immer schön die Augen auf.

Ab St. Leonhard wartete der letzte Pass auf uns, das Timmelsjoch (auch Passo Rombo) mit einer Länge von fast 29 km, max. Steigung von 14 % und Höhenmetern von über 1700.
Im Ort selbst waren es 35 Grad, ideal zum Radeln also, jeder andere, geht bei den Temperaturen ins Schwimmbad.
Bereits nach einige hundert Metern Steigung wartete ein Einheimischer mit einem Gartenschlauch auf die Fahrer, jeder der wollte, bekam eine kräftige Dusche über, war herrlich. Mittlerweile sah man bereits, dass die Temperaturen und vielleicht auch das hohe Tempo einigen Radlern zu schaffen machten, jede erdenkliche Abkühlung wurde dankend angenommen, es gab leider wenig bis gar keinen Schatten, gemeindeeigene Brunnen wurden belagert, Kopf, Füße und Körper versucht abzukühlen, auch Kinder am Wegesrand versuchten uns mit Spritzpistolen zu erfrischen.
An der Verpflegung in Moos bzw. in Schönau lagen wieder Radler am Wegesrand, der ein oder andere fuhr den Berg im Zickzack hoch, andere schoben teilweise die Räder, manch einer sprach mit seinem Rad, einige wollten den Ötzi nie mehr fahren, O-Ton "warum tue ich mir das an", es spielten sich regelrechte Dramen ab, aber alle wollten irgendwie den Kontrollpunkt spätestens um 19:30 Uhr am Gipfel erreichen.
An der Verpflegung in Moos gab es auch wieder was zu futtern, aber ehrlich gesagt, es ging nix mehr rein, nur noch flüssiges.
In den umliegenden Berge braute sich mittlerweile ein Gewitter zusammen, es donnerte bereits bedrohlich, Gewitter am Timmelsjoch, freies Gelände, das könnte spannend werden.
Am Gipfel angekommen, jubelten bereits die Radler, denn eigentlich ging es hier nur noch abwärts, aber der Anstieg zu Mautstelle wird gern übersehen, war zwar nicht steil, aber irgendwie zäh und es blies mittlerweile ein heftiger Gegenwind.
Auch der Tourteufel Didi Senft feuerte an der Mautstelle die Radler an, ab hier ging es bergab bis Zwieselstein, ein Mini-Anstieg noch, die Teilnehmer feierten sich bereits gegenseitig.

Kurz vor Sölden sahen wir das Gewitter über den Ort einziehen und vor dem Zieleinlauf kam ein heftiger Gewitterregen runter, die Zuschauen jubelten trotzdem jedem einzelnen zu, man fühlte sich wie ein Held, sensationell.
Mike beendete den Ötzi mit einer Superzeit von 11:25, trotz 9 Wochen verletzungsbedingtem Ausfall und einer kurzen Vorbereitung von 5 Wochen und Christine mit einer Zeit von 12:19 Uhr, für das erste Mal richtig gut.
Leider hat es für einen Geschenkekorb nicht gereicht, den bekommt nämlich der oder die letzte Fahrer/in mit Zielschluss um 20:30 Uhr in Sölden mit Sonderehrung auf der Bühne, da hätte Christine langsamer fahren müssen.
Vielleicht sind wir, mit etwas Losglück, nächstes Jahr wieder dabei.

 

Fazit:

Eine super organisierte Veranstaltung,
abgesperrte Straßen, reichlich Verpflegung,
schöne Strecke in die Tiroler Bergwelt, über 1000
ehrenamtliche Helfer, darunter auch viele Kinder,
die einem Verpflegung reichten oder die Räder
hielten und die vielen Zuschauer, die die Radler
anfeuerten und die Berge hochpeitschten.